Wildes Hinterbergl (3288 m) über Berglasübergang und Nordflanke

Quelle: Alpenverein Hall in Tirol, Autor: Michael Larcher

Von der Franz-Senn-Hütte folgen wir dem unschwierigen Weg Nr. 13 entlang des Alpeiner Bachs. Die ideale Aufbruchszeit für diese Tour ist ca. 1/2 Stunde vor Sonnenaufgang.
Im Talschluss gabelt sich der Weg - wir halten uns rechts und folgen der nicht zu übersehenden Aufschrift "Alt". Gemeint ist der alte Weg, der früher über den markanten Moränenrücken zum Alpeiner Ferner führte.
Auf ca. 2400 m erreichen wir den markanten Möränenrücken und biegen hier scharf rechts in nördlicher Richtung ab. Einem deutlich schmaleren Steig folgen wir nun Richtung Berglastal.
Noch einmal gabelt sich unser Weg: Der Anstieg zum Berglasübergang (Eis-/Firnflanke in Bildmitte) führt über den Moränenrücken ganz rechts. Der Steig über den linken Moränenrücken führt zum Berglasferner - über ihn werden wir absteigen.
Noch führt uns ein Steiglein entlang des Moränenrückens genau in Richtung Berglasübergang, den anschließenden Steilhang in die Karmulde unterhalb des Berglasübergangs müssen wir weglos bewältigen. Links der Berglasferner.
Weicher Sulzschnee ermöglicht zunächst ein gleichzeitiges und seilfreies Gehen.
Später, im Blankeis, setzt unser Führer eine Eisschraube und wir steigen, gesichert mittels Reepschnur und Prusik oder Tibloc , am Fixseil auf (die Tour wurde im Rahmen der Instruktor-Hochtouren-Ausbildung unternommen).
Die letzten Meter im Blankeis am Berglasübergang.
Über den Berglasübergang erreichen wir den Lisenser Ferner, den wir in Gletscherseilschaften begehen. Hinten die Berglasspitze (3125 m).
Die Nordflanke zum Wilden Hinterbergl ist nun gut sichtbar und wir halten direkt auf den Bergschrund zu.
Am Fuß der Nordflanke. Der Bereich unmittelbar unterhalb des Bergschrundes ist ideal als Sammelplatz zum Umbauen der Seilschaften.
Am Bergschrund der Nordflanke zum Wilden Hinterbergl endet vorerst unsere Gletschertour und es beginnt das Eisklettern in Zweierseilschaften.
Mit knapp 50° Neigung und ca. 100 Höhenmeter bietet die Nordflanke das ideale Gelände zum Einüben der Seilmanöver zum Begehen von Eisflanken in Seilschaften. Unten der Lisenser Ferner mit der Anstiegsspur vom Berglasübergang.r
Ein solider Gletscherpickel ist für die Begehung der Nordflanke ausreichend. Ein Steileisgerät als Zweitgerät kann bei Bankeis dem Vorsteiger zusätzliche Sicherheit geben.
Einen Mix aus Sulzschnee, Firn und über ca. 50 Hm Blankeis bietet die Nordflanke an diesem Tag. Besonders wichtig: Die Route ist relativ steinschlagsicher.
Solide Standplätze an zwei Eisschrauben schaffen für Nachsteiger und Sichernden eine sehr entspannte Situation.
Die gesamte Nordflanke von oben, hinten der Berglasübergang. Der Seilerste hat seinen letzten Standplatz bereits am flachen Gipfelgrat errichtet.
Die Nordflanke liegt unter uns, der Gipfel (rechts hinten) ist in greifbarer Nähe.
Am Gipfel des Wilden Hinterbergl. Hinten die östliche und westliche Seespitze, rechts die Ruderhofspitze.
Blick vom Gipfel auf Lisenser Ferner, Berglasübergang und weitere Seilschaften auf dem Weg zur Nordflanke.
Abstieg über den oberen Teil des Berglasferners. Oben der Vordere Wilde Turm (3177 m).
Blankeis und Gletscherspalten im unteren Teil des Berglaferners erfordern Steigeisen und Seildisziplin.
Vom Ende des Berglasferners geht es zunächst weglos durch Blockgelände bis erste Steinmännchen den Verlauf des Steiges markieren, der entlang des Moränenrückens talwärts zieht.
Nach einem großartigen Tourentag erreichen wir am Nachmittag die Franz-Senn-Hütte. Gerade rechtzeitig zu Kaffee und Apfelstrudel ...
Bei den aktuellen Verhältnissen bot der orografisch rechte Bereich des Berglasferners die günstigsten Bedingungen für den Abstieg: Wenige Spalten und weicher Altschnee.
Ideal zum "Aufwärmen" - der 2,3 km lange Weg durch das flache, vom Gletscher geformte Hochtal Richtung Alpeiner Ferner. Die kurze Geländestufe (Bildmitte) trägt den einladenden Namen "Höllenrachen". Im Hintergrund rechts der Apere Turm (2984 m), ganz
Am Beginn der kurzen Steilflanke des Berglasübergangs. Gurt, Helm und Steigeisen kommen nun zum Einsatz. Geübte HochtourengeherInnen werden den Übergang seilfrei begehen, für Einsteiger ist eine Seilsicherung durch qualifizierte FührerInnen sinnvoll

Die Tour

Großartige und abwechslungsreiche Hochtour für Fortgeschrittene im Tourengebiet der Franz-Senn-Hütte.

Entlang des Alpeiner Bachs in den Talschluss und dann nach Westen in das Berglastal. Über den Berglasübergang auf den Lisenser Ferner und über diesen zum Fuß der Nordflanke des Wilden Hinterbergls. Über diese auf den Gipfel. Abstieg über den stark zerklüfteten und (im Sommer) selten begangenen Berglasferner.

Autorentipp

Der Abstieg vom Wilden Hinterbergl ist einfacher, wenn man den Weg über den weniger komplexen Turmferner wählt und dann über den gut markierten Steig zum Aperen Turm weiter absteigt.

Info

Schwierigkeit
45°
mittel
Aufstieg
1180 hm
Abstieg
1180 hm
Tiefster Punkt 2147 m
Höchster Punkt 3288 m
Dauer
8:00 h
Strecke
14,3 km

Details

Seillänge 1 x 50 m
Kondition
Erlebnis
Landschaft
Gefahrenpotential
Exposition
N
O
S
W

Beste Jahreszeit

Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember

Wegbeschreibung

Start

Franz-Senn-Hütte (2147 m)

Ziel

Franz-Senn-Hütte (2147 m)

Weg

(1) Von der Franz-Senn-Hütte folgen wir dem Weg Nr. 131 entlang des Alpeinerbachs. Der ca. 2,3 km lange Weg durch das vom Gletscher geformte Hochtal ist unschwierig und verläuft, abgesehen von der kurzen Geländestufe - dem "Höllenrachen" - sehr flach in Richtung Talschluss. Dort, wo sich der Weg teilt, folgen wir dem rechten Steig, der als "alt" auf einem Felsen angeschrieben ist. Dieser Steig führt uns in einigen Sepentinen unschwierig hinauf zur markanten Seitenmöräne des Alpeiner Ferners (ein Überbleibsel des Gletscherstandes von 1850).

(2) Dort, wo wir zum ersten Mal den Kamm der Seitenmöräne erreichen (ca. 2400 m), verlassen wir den über den Möränenkamm weiter verlaufenden "alten" Weg nach rechts. Wir folgen nun dem deutlich schmäleren und spärlicher markierten Steig nach Norden Richtung Berglastal. Wir erreichen ein einsamens Hochtal und die Ausläufer der orografisch rechten Moräne des Berglasferners. Über diesen Möränenkamm verläuft der Steig, der zum Berglasferner führt und über den wir absteigen werden. Unser Steig zum Berglasübergang zweigt hier rechts ab und führt uns zur nördlichen Seitenmöräne des Berglasferners und über deren Kamm weiter nach oben.

(3) Der Steig endet auf 2660 m, dort wo die Seitenmoräne auf den steilen Hang trifft, der von dem Karboden unterhalb des Berglasübergangs abfällt. Weglos über diesen Hang ca. 100 Hm empor bis in den flachen Karboden und nun nach rechts auf den Wasserlauf des Berglastals zuhalten. Die Schnee- bzw. Eiszunge des Berglasübergangs ist gut sichtbar und wir erreichen deren unteres Ende, indem wir aus der Karmulde rechts des Wasserlaufs über Blöcke aufsteigen und erst kurz unter dem Eisfeld wieder nach links wechseln. Hier, direkt am Rand der schmalen Gletscherzunge können Gurt, Helm und Steigeisen angelegt werden. Der Berglasübergang selbst ist eine maximal 35° steile Gletscherflanke, die nach ca.100 Hm auf den Lisenser Ferner führt. Geübte EisgeherInnen werden seilfrei aufsteigen, für EinsteigerInnen oder wenig Geübte kann - auch abhängig von den aktuellen Verhältnissen - eine Seilsicherung sinnvoll sein.

(4) Nach dem Berglasübergang erreichen wir den Lisenser Ferner auf einer Höhe von ca. 3000 m. Wir halten nun direkt auf die gut sichtbare Nordflanke des Wilden Hinterbergls zu und steigen so weit wie möglich in Gletscherseilschaften über den Hangfuß der Nordflanke auf - bis zum Bergschrund. Der Bereich knapp unter dem Bergschrund ist im Allgemeinen ideal, um auf Kletterseilschaften umzubauen und die Steigeisen anzulegen (sofern man diese nach dem Berglasübergang abgelegt hat). Die Nordflanke des Wilden Hinterbergls erreicht an der steilsten Stelle knapp 50°, erstreckt sich über ca. 100 Hm (3 Seillängen). Die ideale Linie für den Aufstieg ist - auch aus Sicht der Minimierung der Steinschlaggefahr - ungefähr in der Mitte der Flanke. Die Flanke führt auf den flachen und weitläufigen Gletscherrücken über den wir unschwierig und in wenigen Minuten den Hauptgipfel erreichen.

(5) Beim Abstieg über den Berglasferner hält man zunächst auf die Turmscharte (3126 m) zu. Ca. 200 m vor der Scharte biegt man links in den nun etwas steiler werdenden Teil des Berglasferners. Die aktuellen Verhältnisse am Berglasferner bestimmen den richtigen Weg - in unserem Fall war dies der Bereich ganz rechts (im Sinne des Abstiegs). Viel Sulzschnee erlaubte hier ein relativ einfaches und rasches Weiterkommen in der Gletscherseilschaft. Erst im unteren Teil des Berglasferners war der Gletscher blank und erforderte ein Umgehen von Gletscherspalten. Am Ende des Gletschers geht es weglos über Schotter- und Blockgelände weiter. Immer auf den gut sichbtbaren Moränenrücken zuhalten, wo dann dann auch Steinmännchen den Beginn eines Steigleins markieren, das über den besagten Moränenrücken nach unten  führt - zu dem bereits vom Aufstieg bekannten Weg. Über diesen zurück zur Franz-Senn-Hütte.

Anreise

Anfahrt

Über die A13 Brenner-Autobahn bis Ausfahrt Schönberg. Weiter nach Neustift im Stubaital. Im Ortsteil Milders auf schmaler Bergstraße in das Oberbergtal bis zur Oberisshütte (1745 m).

Parken

Geräumiger, eingezäunter und kostenpflichtiger Parkplatz bei der Oberisshütte. Die Talstation der Materialseilbahn befindet sich unmittelbar beim Parkplatz.

Weitere Informationen

Beschreibung, Fotos und GPS-Track zu dieser Tour wurden während der Ausbildung zum staatlich geprüften Instruktor für Hochtouren erstellt.

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