Geologie erleben zwischen Kemptner Hütte und Oberstdorf: Vom Flachmeer in die Tiefsee

Quelle: AV-alpenvereinaktiv.com, Autor: Bayerisches Landesamt für Umwelt

Blick von der Kemptner Hütte zu den Krottenspitzen
Sperrbachtobel
Verfaltete dünnbankige Kalksteine der Allgäu-Formation
Karren in Oberrhätkalk
Verfaltete Allgäu-Formation an der Unteren Schneeflucht
Fukoide in der Allgäu-Formation
Ammonitenabdruck
Muschelquerschnitt
Geotop Christlessee
Geotop Christlessee
Deckengrenze (mitte, bemoost): Zementmergel-Serie (li.) und Raibler Rauwacke (re., heller Block)
Sennalpe Oberau
Kemptner Hütte
Verfaltete Allgäu-Formation an der Unteren Schneeflucht
Abstieg in den Sperrbachtobel
Rauwacken der Raibl-Formation
Kalkgraben-Formation ("Zementmergel-Serie")
Nagelfluh (Schotter aus der Riß-Eiszeit)
Flysch: Tristel-Formation (sandige Kalksteine und schwarze Tonsteine)
Flysch: "Boudinierte" Sandsteinbank (links) in der Tristel-Formation
Feuerstätter Flysch: Junghansenschichten (Tonsteine mit großem exotischem Geröll)

Die Tour

Die letzte Etappe des Gelben Weges der Via Alpina beginnt bei der Kemptner Hütte und endet in Oberstdorf. In dieser Tourenbeschreibung gibt es Hinweise zu den geologischen Sehenswürdigkeiten entlang der Route.

Die letzte Etappe des Gelben Weges der Via Alpina beginnt bei der Kemptner Hütte und endet in Oberstdorf. Dabei werden Schichten aus drei übereinander liegenden tektonischen (geologischen) "Decken" durchwandert.

Autorentipp

Tipp 1: Mehrere Einkehrmöglichkeiten an der Route!

Tipp 2: Die Deckengrenze zwischen Allgäu-Decke und Rhenodanubischen Flysch kann auch durch eine kurze Wanderung von den Parkplätzen an der Talstation der Nebelhornbahn in 40 Minuten entlang derTrettach bis zur Einmündung des Oybachs erreicht werden. Geht man hier etwa 200 m entlang des Oybachs talauf, dann steht hinter einer Wegbiegung massiv der Hauptdolomit der Allgäudecke an. Wir kehren um und erkennen jetzt in Felsen und Lesesteinen am Weg die unter dem Hauptdolomit liegenden Rauhwacken - löchrige Dolomitgesteine - der Raibl-Formation. Die Böschung weicht etwas vom Weg zurück und dort, wo Wasser über die Felsen rinnt und Kalksinter abscheidet, liegt die schräg einfallende Überschiebungsbahn von Allgäudecke auf Rhenodanubischen Flysch. Rechts davon sehen wir noch die löchrigen hellen Gesteine der Raibl-Formation, links davon steht teils zerscherte graue und dunkle Zementmergel-Serie an. Durch die Deckenüberschiebung Kalkalpin-Flysch im Alttertiär wurden Sedimente unterschiedlichen Alters und weitvoneinander entfernter Ablagerungsräume aufeinander geschoben.

Info

Schwierigkeit
mittel
Abstieg
1020 hm
Tiefster Punkt Oberstdorf
825 m
Höchster Punkt Kemptner Hütte
1846 m
Dauer
5:15 h
Strecke
13,6 km

Details

Kondition
Erlebnis
Landschaft
Gefahrenpotential
Technik
Exposition
N
O
S
W

Beste Jahreszeit

Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember

Wegbeschreibung

Start

Kemptner Hütte

Ziel

Oberstdorf

Weg

Von der Kemptner Hütte (2/21) geht der Blick hinüber nach Westen zu den Krottenspitzen (3/21). Die Überschiebungsbahn der Lechtal-Decke über die Allgäu-Decke zeichnet sich deutlich als Grenze zwischen steilem Fels oben und weichen Grashängen der Allgäu-Formation unten ab. Was "Decken" sind, wird in der Wanderetappe zum Mädelejoch genauer erklärt.

Die Allgäu-Formation (Jura, 200 bis 165 Mio. Jahre) besteht im oberen Teil aus leicht verwitternden Mergelsteinen und bildet dadurch grasige Hänge, die gerne als Weideland genutzt werden. Nach unten zu wird die Schichtfolge kalkiger und hat den etwa 20 m mächtigen "Stufenkalk" eingeschaltet. Der bildet nur deshalb eine auffällige Geländestufe mit steilen Wänden, weil er massig ist - anders als das umgebende Gestein, das dünnbankig ist, wie wir gleich im Sperrbachtobel sehen werden.

Beim Abstieg in den Sperrbachtobel (4/21) steigen wir durch den Stufenkalk hindurch hinunter in den tiefsten und ältesten Teil der Allgäu-Formation.

GeoPunkt Verfaltung

Weil das Gestein hier aus Kalkstein besteht und damit härter ist als weiter oben in den Mergelsteinen, wird aus der weiten Talung unter der Kemptner Hütte jetzt ein steil eingeschnittener Tobel (5/21). Die dünnbankigen Kalksteine im Tobel sind eindrucksvoll verfaltet (6/21). Dünnbankige Gesteine wie hier wurden bei der Alpenbildung in enge Falten gelegt, während eine dicke "Bank" wie der Stufenkalk weitspannig verbogen wurde.

Die Verfaltung des Gesteins beschreibt der Geologe als Sättel und Mulden. Kleine Falten im Meterbereich sind schön anzusehen, erscheinen aber nicht in Geologischen Karte und haben auch im Landschaftsbild keine große Bedeutung. Dass große Falten von Hunderten von Metern Spannweite aber die Landschaft prägen, zeigt sich gleich da, wo wir  aus dem Sperrbachtobel heraustreten und sich die Talung weitet.

GeoPunkt Fenster & Rahmen

Eine Aufwölbung der Gesteinsschichten - ein Sattel - lässt uns hier nämlich auf kurzer Strecke die Formation unter der Allgäu-Formation betreten, den Oberrhätkalk. Das ist ein massiger, recht reiner Kalkstein, in dem die Korrosion Karren hinterlässt (7/21). In einem "Fenster" lässt sich hier in den Untergrund schauen. Den "Rahmen" aus jüngerer Allgäu-Formation sehen wir oben im Hang schön verfaltet (8/21). 

GeoPunkt Fossilien 

An der Wegbrücke über den Sperrbach können bei einer Rast im Geröll von Bach und Schuttrinnen Fossilreste entdeckt werden : Fukoide, Ammonitenabdrücke und Muschelquerschnitte (9/21, 10/21, 11/21). 

Der weitere Weg entlang des Sperrbachs und dann entlang der Trettach verläuft weiterhin in Gesteinen der Allgäu-Formation. Wo sich die Talung erweitert, verläuft der Weg auf jungen Schottern der Trettach. Festgesteine  stehen am Weg erstmal nicht mehr an. Ab Spielmannsau bildet dann nur noch der Hauptdolomit die Talflanken. Zu Beginn der Wanderung war der Hauptdolomit an der Basis der Lechtal-Decke oben an den Krottenspitzen zu sehen. Jetzt haben wir die darunterliegende Allgäu-Decke  von den jüngeren Schichten in die älteren durchwandert und sind jetzt an der Basis der Allgäu-Decke wieder im Hauptdolomit.

Dass jetzt die Geologie eine Zeitlang schweigt, liegt nicht daran, dass es nichts zu erzählen gäbe über die Talbildung in der Eiszeit, aber wir wollen uns mal auf Highlights am Wegesrand konzentrieren. 

Ab der Sennalpe Oberau (12/21) ist Verköstigung kein Problem mehr.

Geotop Christlessee

Der kreisrunde Christlessee wird von mehreren unterseeischen Karstquellen und einem oberirdischen Zufluss gespeist. Die fast unwirklichen Farben, die sich je nach Sonneneinstrahlung von türkis über grün bis hin zu schwarz ändern können, werden wahrscheinlich durch Algen bedingt. Aufgrund der gleichmäßigen Quellwassertemperatur von 4 bis 6 Grad ist der See im Sommer zu kalt zum Baden und im Winter friert er nicht zu (13/21, 14/21). 

Geotop Deckenüberschiebung am Oybach bei Gruben

Kurz vor der Einmündung des Oybachs in die Trettach wird die Deckengrenze von Allgäu-Decke auf Rhenodanubischem Flysch gequert. Um das genauer zu inspizieren, kann hier ein kleiner Abstecher vom Gelben Weg der Via Alpina gemacht werden: Etwa 100 m den Wanderweg den Oybach hoch kann die Deckengrenze direkt in Augenschein genommen werden (Geotop 780A003). Es empfiehlt sich aber, sich der Deckengrenze von oben anzunähern, und dazu etwa 200 m weiter zu gehen, bis hinter dem Knie von Oybach und Weg eindeutig der bereits bekannte Hauptdolomit der Allgäu-Decke am Weg ansteht (14/21). Hier kehren wir um und nun fallen ab dem Knie in kleinen Felsen am Weg und in Lesesteinen löchrige Dolomitgesteine (15/21) auf: die Rauhwacken der Raibl-Formation unter dem Hauptdolomit. Die Böschung weicht etwas vom Weg zurück und dort, wo Wasser über die Felsen rinnt und Kalksinter abscheidet, liegt die schräg einfallende Überschiebungsbahn (16/21) von Allgäu-Decke auf Rhenodanubischen Flysch . Rechts davon sehen wir noch die löchrigen hellen Gesteine der Raibl-Formation , links davon stehen, teils zerschert, die grauen und dunklen Kalkmergelsteine und Kalksteine mit untergeordneten Tonsteinen der Kalkgraben-Formation („Zementmergel-Serie“) (17/21) an.

Wieder zurück auf dem Gelben Weg der Via Alpina stehen jetzt am Wegrand mächtige Nagelfluhen (karbonatisch verfestigte Konglomerate) aus rißzeitlichen Schmelzwasserschottern an (18/21). 

An der nächsten Brücke überquert der Gelbe Weg der Via Alpina die Trettach und führt zu attraktiven Aufschlüssen im Flysch. Nehmen wir ab der Brücke den relativ neuen Weg links der Trettach, dann sehen wir hier vor allem frische Aufschlüsse in der Tristel-Formation mit dickbankigen Sandkalken und schwarzen Tonsteinen (19/21, 20/21). Schließlich kommen wir kurz bevor der Weg zum Moorschwimmbad abzweigt, in die nächsttiefere tektonische Einheit, den Feuerstätter Flysch , mit Junghansenschichten – dunkle, stark durchbewegte Tonsteine mit Quarzitbänkchen und vereinzelt exotischen Geröllen (21/21)

Etwa 700 Meter weiter erreichen wir den Ortsrand von Oberstdorf in der Nähe der Nebelhornbahn.

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