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Pfarrkirche St. Michael
Beschreibung
Die Pfarrkirche von Gaschurn ist dem hl. Erzengel Michael geweiht und nach Plänen des Schweizer Architekten Johann Mayer im neuromanischen Stil (1867/69) errichtet.
Die Pfarrkirche von Gaschurn ist dem hl. Erzengel Michael geweiht und nach Plänen des Schweizer Architekten Johann Mayer im neuromanischen Stil (1867/69) errichtet. In spätmittelalterlicher Zeit existierte bereits eine gotische Kapelle (1485 erwähnt), nach der kirchlichen Selbstständigkeit, die 1587 mit der Loslösung von St. Gallenkirch erreicht worden war, kam es in barocker Zeit zum zweiten Kirchenbau (1631/34). Wegen Baufälligkeit und Platzmangel musste auch dieser Bau der heute noch stehenden Kirche weichen. Die Einweihung 1869 nahm der bereits als Linzer Bischof fungierende Franz Joseph Rudigier vor (dargestellt im Kirchenfenster neben der Kanzel).
In Reisebeschreibungen des 19. Jahrhunderts wird die Pfarrkirche Gaschurn vor allem wegen ihrer seltsamen Kanzel gerühmt, die 1759 geschaffen und mit dem Abbruch der Kirche 1867 entfernt und zerstört wurde. Sie zeigte einen großen Walfisch als Kanzelkorb, aus welchem sich der Prophet Jonas erhob. Ludwig von Hörmann berichtet 1895: „Ich erinnere mich noch ganz gut an den silberschuppigen Walfisch, der den Predigersitz trug und den Jonas mit einem Brief in der Hand ausspie. Die Schnitzerei wurde allgemein als äußerst kunstvoll angesehen. Als ich später meinen lieben Walfisch in der neuen Kirche suchte, fand ich ihn nirgends und mußte zu meinem Leidwesen hören, daß der Ortslehrer damit die Schulstube geheizt habe.“
Das 19. Jahrhundert beschäftigte sich unter der Epochenbezeichnung „Historismus“ vielfach mit dem Stil früherer Zeiten; so vermittelt die neuromanische Kirche von Gaschurn zahlreiches mittelalterliches Formengut aus der Zeit der Romanik (11., 12. Jh.): Wehrhafte Architektur; klar überschaubarer Grundriss mit Langhaus, Querschiff und rundem Chorabschluss; Betonung des Rundbogenmotivs; Verwendung des in Joche unterteilten Tonnengewölbes. Die gleichzeitig in der Malerei herrschende Stilepoche ist jene der Nazarenermalerei, die in der Gaschurner Pfarrkirche von der bedeutendsten Montafoner Künstlerfamilie vertreten wird: Fünf Künstler aus vier Generationen der Familie Bertle bestimmten das künstlerische Umfeld des südlichen Vorarlbergs während des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Josef Anton Bertle (1796-1858) schuf die nicht mehr ausgestellten Fastenbilder (die Kreuzigung hängt heute im Hochaltar der Kirche in Partenen), die Brüder Franz und Jakob Bertle malten schließlich die im Stil der Nazarener gehaltenen Bilder des (ehemaligen) Hochaltarbildes im Chor, die Seitenaltarbilder sowie die Deckenbilder.
Besonders interessant ist das Thema der Deckenbilder im Langhaus, die zwei Themen aus der Petrus-Geschichte zeigen und just in jenem Moment gemalt wurden (1871), als der Papst in Rom das Unfehlbarkeitsdogma verkünden ließ. Markante Elemente der Nazarenerbilder sind die Hervorhebung des religiösen Andachtscharakters unter Weglassung von Landschaftsszenen und dramatischer Darstellungen (hl. Sebastian als fast unscheinbarer Soldat) sowie der an der spätmittelalterlichen Malerei orientierte klare kompositorische Aufbau (Dreieck) mit Bevorzugung der zeichnerisch klaren Umrisslinie. Aus späterer Zeit stammen der Hochaltar (Fidelis Rudhart, 1911) und im Zuge der letzten Restaurierung der Volksaltar (Herbert Albrecht, 1997)
Das ehemalige Hochaltarbild zeigt das Motiv des Kirchenpatrons Michael, der gerade Luzifer in den Abgrund stößt („Engelssturz“). Das von Franz Bertle 1872 geschaffene Werk musste bereits 1907 wieder weichen, weil der damalige Pfarrer von Gaschurn „nicht mehr unter dem Teufel die Messe lesen wollte“. Heute hat es an der linken Chorwand wieder einen Platz gefunden.